Immer wieder werden in der Öffentlichkeit Fälschungen, Betrugsfälle und imaginierte Geschichten diskutiert, die im Zusammenhang mit der Shoah und dem Zweiten Weltkrieg wie auch der Erinnerung daran stehen. Meist inszenieren sich dabei christliche Deutsche öffentlich mit Familiengeschichten jüdischer Verfolgter und führen diese teils als Legitimation und Grundlage ihres politischen Handelns an. Ihnen begegnet ein Publikum, das die Geschichten bereitwillig rezipiert.
In der Hamburger radikalen Linken sorgte 2018 Wolfgang Seibert für Diskussionen. Seibert war zu jenem Zeitpunkt nicht nur Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Pinnebergs gewesen, sondern war auch in linksradikalen Zusammenhängen aktiv und trat etwa als Redner auf politischen Veranstaltungen auf. So wurde bekannt, dass große Teile von Seiberts Darstellungen seiner Biografie und seines familiären Hintergrunds nicht stimmten.
In neun Gesprächen mit Personen unterschiedlicher Expertisen und Erfahrungen fragten Clemens Böckmann und Johannes Spohr nach den Voraussetzungen und Motivationen dieses Phänomens. Die Autoren werden uns den Sammelband, in dem sie die Gespräche veröffentlicht haben, vorstellen.
Wir wollen mit den Herausgebern außerdem folgende Fragen thematisieren, weil sie uns für die radikale Linke zentral erscheinen: Welche Rolle nahm Wolfgang Seibert in der radikalen Linken Hamburgs ein und welche Bedürfnisse erfüllte er mit seinen Erzählungen und seiner Politik? Was lässt sich aus dem Fall über das Verhältnis der radikalen Linken zu(r) jüdischen Gemeinde(n) folgern? Worin bestand die Rolle des SPIEGELs in dem Zusammenhang? Wie ist Wolfgang Seiberts Politik im Nachhinein zu bewerten und was wären die Schlüsse, die eine radikale Linke aus alldem ziehen müsste?
10.02.2023, 19 Uhr (Doors: 18:30) Rote Flora
Im Anschluss an die Veranstaltung habt ihr die Gelegenheit in der Flora zu bleiben und die aufgeworfenen Fragen in kleineren Runden bei Getränken in der Antifa-Sekt-Bar weiterzudiskutieren.
Es laden ein: Radio Loretta und Sous la Plage.
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